Die Eisenbahn ist der zentrale Transit-Ort der beginnenden europäischen Moderne. Die »rasende Maschine« ist nicht nur der Motor der Industrialisierung, mit dem Ausbau des Schienennetzes explodieren auch Zahl und Dauer der Aufenthalte im Transit mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Zugleich ist die Geschichte der Eisenbahn die Geschichte einer räumlichen Irritation, die von den Autoren der Zeit aufgeregt verfolgt und literarisch verarbeitet wird.
Am 9. November 1918 beginnt eine Epoche deutscher Geschichte, die nicht nur aus heutiger Sicht als ›Durchgangsepoche‹ zwischen zwei Weltkriegen gilt, sondern schon von ihren Zeitgenossen als provisorisch – und damit immer auch als transitorisch – empfunden wurde: Die Weimarer Republik. In dieser allgemeinen Durchgangszeit hat vor allem der Mikrokosmos Hotel das Potenzial, zum literarischen Transit-Ort der Zeit zu werden.
Im geschlossenen Denksystem der Nationalsozialisten hat das offene, kosmopolitische Konzept des Transit-Orts keinen Platz. Wenn es überhaupt noch einen Transit-Ort gibt, der sinnbildlich für die Zeit der 1930er und 1940er Jahre stehen kann, so muss man ihn an den Rändern des diktatorischen Systems, an den Rändern Europas suchen: Der Hafen wird zum Hoffnungsort und die Schiffspassage über den Ozean zum letzten Ausweg vieler Exilanten.
Der Flughafen ist DER symbolische Ort der globalisierten Spätmoderne. Literatur, Film und Werbung imaginieren den Flughafen als Prototyp des hypermodernen, atopischen Transit-Orts. Gleichzeitig ist er durch seine Gleichförmigkeit und Sterilität ein Ort, der sich tendenziell der Narration verweigert. Mit dem Problem, am Ort ohne Geschichte eine Geschichte erzählen zu wollen, setzen sich mehrere Autoren der Gegenwart auseinander.